22.09.2009
Lecker | Oberfränkische Teichwirte haben im Kreis Kulmbach die Saison eröffnet. Gräten werden jetzt zerkleinert und stören auch den empfindlichen Esser nicht mehr.
Hermes - In den Monaten mit dem Buchstaben "r" ist Karpfenzeit in Franken und der Oberpfalz. Aufgrund des kühlen Wetters zu Beginn des Sommers wird heuer nicht nur eine hervorragende Ernte erwartet, auch das Fleisch ist in diesem Jahr besonders fest und schmackhaft ausgefallen. Weil der Regierungsbezirk Oberfranken zusammen mit Mittelfranken und der Oberpfalz zu den Haupterzeugergebieten gehört, feiert die Teichgenossenschaft Oberfranken die Eröffnung der Saison jedes Jahr feierlich, diesmal mit dem Abfischen der Karpfenteiche von Hans-Georg Haueis in Hermes, Gemeinde Marktleugast im Landkreis Kulmbach.
Haueis vermarktet seine Fische im eigenen Landgasthof selbst. Transportwege gibt es praktisch keine, denn die Teichkette liegt in Sichtweite des gastronomischen Betriebes, der seit Jahrhunderten im Familienbesitz ist und auf typisch fränkische Spezialitäten setzt. Während der Karpfen noch vor einigen Jahren ausschließlich als Karpfen blau und gebacken serviert wurde, hätten die Gastwirte mittlerweile umgedacht, sagte der Vorsitzende der Teichgenossenschaft Dr. Peter Thoma aus Wunsiedel. Haueis beispielsweise setzt unter anderem auf Karpfenragout, -filet, -frikadellen, Karpfenklöße oder Räucherkarpfen. Mehr und mehr werde der Karpfen auch von der asiatischen Küche entdeckt, sagte Thoma. Einen wichtigen Schub in der Vermarktung hätten in jüngster Zeit spezielle Grätenzerkleinerungsgeräte gebracht. Sie zerlegen die bislang störenden Gräten so klein, dass die Karpfenprodukte nicht nur ängstliche Verbraucher, sondern auch Kinder problemlos genießen können.
Dem Karpfen auf dem Teller geht freilich eine mühsame Arbeit der Teichwirte voraus. Während ein Karpfen im Aischgrund etwa drei Jahre braucht, bis er eine stattliche Größe erreicht hat, seien es im Frankenwald oder im Fichtelgebirge meist vier Jahre. In dieser Zeit entpuppen sich die Teichwirte nach den Worten des Vorsitzenden als Naturschützer, denn an ihren Anlagen könnten sich viele Tierarten der Roten Liste prächtig entwickeln. Thoma nannte unter anderem die Libelle, Frösche, Salamander, aber auch Reptilien wie etwa die Ringelnatter oder die Kreuzotter. "Rund um den Karpfenteich entsteht eine unglaubliche Artenvielfalt", so Thoma und verteidigte die Einstellung der Karpfenteichwirte, die Maßnahmen gegen den Kormoran fordern.
Naturschutz dürfe nicht an der Wasseroberfläche aufhören, sagte Thoma. In Deutschland seien mittlerweile mehr Kormorane beheimatet als auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent. Kein Wunder also, dass viele Teichwirte in ihrer Existenz bedroht seien, denn der Vogel fresse ganze Anlagen binnen kürzester Zeit leer und mache damit die wertvolle Arbeit der Teichwirte zunichte. Ähnlich hatte zuvor Albert Deß, Europaabgeordneter und zugleich Vorsitzender des Verbandes der Bayerischen Berufsfischer, argumentiert. Er sprach von rund einer Million Brutpaaren allein in Westeuropa.
In einem Grußwort würdigte die Kulmbacher Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, die zusammen mit Albert Deß die ersten Karpfen aus dem Teich von Hans-Georg Haueis geholt hatte, die enorme ökologische Leistung der Teichwirte. Die Parlamentarierin bezeichnete es als oberstes Ziel, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen und dabei am Ende die goldene Mitte zu finden. An den Karpfenteichen von Hermes treffe Qualität und wundervolle Landschaft aufeinander, sagte der Kulmbacher Landrat Klaus-Peter Söllner, und auch Rudolf Burger vom Bezirk Oberfranken nannte das Kulmbacher Oberland rund um das Kloster Marienweiher ein altes Karpfenland.
Erster Teichwirt Hans-Georg Haueis, der Vorsitzende des Verbandes der Bayerischen Berufsfischer Albert Deß, der Vorsitzende der oberfränkischen Teichgenossenschaft Dr. Peter Thomas aus Wunsiedel, die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer und der Kulmbacher Landrat Klaus-Peter Söllner (von links) freuen sich über eine ausgezeichnete Karpfenernte.
Text und Fotos: Stephan Herbert Fuchs