„Karpfe Diem“ war das Motto des Tages

30.08.2007


Die Karpfensaison 2007 ist eröffnet: Landwirtschaftsminister Josef Miller ging gestern vor der malerischen Kulisse von Schloss Seehof zuerst mit lebenden Fischen auf Tuchfühlung und ließ sich anschließend Karpfen in Dillsauce schmecken.

Memmelsdorf – Für den Laien grenzte es an Treibwildjagd, was sich da gestern am lauschigen Susannenweiher hinter Schloss Seehof zutrug: Erst wurde den Karpfen, Hechten und Schleien buchstäblich das Wasser abgegraben, dann trieb man sie in einen engen Wasser-Korridor – direkt in den Kescher von Christoph Oberle, der die Seehof-Weiher bewirtschaftet. Völlig überrumpelt, fiel ein Rudel staatlicher Karpfen Politiker in die Hände: Bayerns Landwirtschaftsminister Josef Miller gab sich gestern die Ehre und eröffnete gemeinsam mit Bezirkspräsidenten Günther Denzler, Memmelsdorfs Bürgermeister Johann Bäuerlein und MdL Melanie Huml in Memmelsdorf die bayerische Karpfensaison 2007.

Bevor es die fränkische Delikatesse ganz unfränkisch in Dillsauce zu essen gab, stand für Miller erst einmal ein nicht ganz so leicht zu absolvierender Fototermin auf dem Programm. Während der Schwabe in die Kameras der Fotografen lächelte, legte das tierische Fotomodell urfränkisches Gebaren an den Tag: Nur unter zappelndem Protest ließ es der Karpfen zu, in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt zu werden. Das begeisterte Publikum wurde derweil mit köstlichem Karpfen-Strudel und Karpfen-Quiche verköstigt. „Werden die jetzt totgeschlagen?“, ein paar Jungen und Mädchen, die die Szenerie verfolgt hatten, tauschen erschrockene Blicke aus. Sie konnten beruhigt werden: Die Fische kehrten wohlbehalten ins Wasser zurück und tauchten sogleich ab.

Ein „karpfophiles“ Brüderpaar

Einige Karpfen-Geschwister allerdings waren zu Höherem bestimmt: Sie erfreuten die Gaumen der Politiker und Ehrengäste an einer langen Sommer-Tafel am Schlossparkrand. Den Fisch hatte die Familie Oberle selbst zubereitet. In Erlangen veredelt sie den eigenen Fang im eigenen Restaurant zur Delikatesse. „Es ist mir eine besondere Freude, hier bei der Familie Oberle die bayerische Karpfensaison zu eröffnen“, erklärte Miller. „In einer Anlage, die seit 1650 – das muss man sich mal vorstellen – im Familienbesitz ist. Die beiden Söhne sind Karpfenspezialisten: Der eine im Betrieb, der andere in unserer Verwaltung. „Martin Oberle, der Bruder des Teichwirts, erforscht den Karpfen am Institut für Fischerei in Höchstadt. „Diese Art des Fischens, die wir hier gesehen haben, ist sehr schonend“, beruhigte der Wissenschaftler. Dass die Karpfen modrig riechen liege übrigens nicht am schlammigen Wasser, „sondern das kommt von Blaualgen, die sich im Sommer in den Teichen entwickeln können.“ Um die loszuwerden, müssen die Fische vor dem Verzehr im klaren Wasser „gespült“ werden. Bayern startet heuer eine Qualitätsoffensive: „Wir überprüfen Fettgehalt und Geschmack der Karpfen“, so Oberle. Die Teichwirte bekommen dann ein Zeugnis ausgestellt.

Der Landwirtschaftsminister rühmte die maturnahe, extensive Produktionsmethode: „In bayerischen Teichen genießt der Karpfen völlige Bewegungsfreiheit – etwa 15 Quadratmeter stehen jedem zur Verfügung. Zum Vergleich: Unter Berücksichtigung der Körpermassen entspricht das einem Fußballfeld mit insgesamt acht Spielern – einschließlich Torwart.“

Miller erinnert daran, die Teichwirte vor Unbill aus Brüssel bewahrt zu haben: „Die jüngst erlassene EU-Verordnung zu nicht-heimischen Fischarten in der Aquakultur sah vor, den Karpfen als nicht heimischen zu betrachten. Jeder Teichwirt hätte dann einen Antrag auf Karpfenhaltung stellen müssen.“ Er habe „auf den Unsinn dieser Regel“ hingewiesen und um Abhilfe gebeten. „Im Rahmen des deutschen EU-Ratsvorsitzes gelang es, die Verordnung so zu ändern, dass für den Karpfen jetzt kein Antrag mehr zu stellen ist.“




Text: Isabelle Epple